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Plötzlich sah er etwas anderes vor sich; den dunklen Stoff einer
Kutte, und darunter ein Gewimmel von schwarzem Horn und Haar
anstelle eines Gesichts, mit Augen darin; die vor Zorn - aber auch
Sorge - zu brennen schienen, aber er war noch immer zu sehr in Pa-
nik, um es zu erkennen. Blind vor Angst hob er die Fäuste und
schlug danach. Das letzte, was er bewußt wahrnahm, war Cathars
Schwert, das mit der flachen Seite gegen seine Schläfe hämmerte und
ihn bewußtlos zusammensinken ließ.
Es dauerte lange, bis er nach dem Aufwachen in die Wirklichkeit
zurückfand. Auch ohne sich an den Inhalt des Traumes zu erinnern,
war er sich des Umstandes, daß er geträumt hatte, vollends bewußt,
aber es war ein Traum von der unangenehmen, hartnäckigen Sorte
gewesen, dessen Einzelheiten unfaßbar blieben und nur einen vagen
Eindruck von Angst und Entsetzen hinterließen, der einen jedoch
noch ein gutes Stück ins Wachsein verfolgt und einfach nicht be-
greift, daß er dort nichts verloren hat. Torian brauchte einige Augen-
blicke, um sich ganz davon zu lösen; um so mehr, als es dort, wo er
sich wiederfand, noch genauso heiß war wie in der Alptraumwelt
seines Traumes, und sein Durst kaum weniger groß.
Er versuchte zu sprechen, aber seine Kehle war dafür viel zu aus-
gedörrt, und er brachte nur ein mühsames Krächzen zustande. Aber
irgendwer in seiner Nähe reagierte darauf, und wenige Augenblicke
später wurde sein Kopf sanft angehoben, und eine Schale mit kühlem
Wasser berührte seine Lippen. Er leerte sie bis zur Neige, mit so tie-
fen, gierigen Schlucken, daß ihm fast sofort übel wurde und er all
seine Kraft zusammennehmen mußte, um sich nicht zu übergeben
und die kostbare Flüssigkeit gleich wieder zu erbrechen.
»Immer mit der Ruhe, Torian«, mahnte eine Stimme irgendwo hin-
ter ihm. »Du bist außer Gefahr.«
Diese Stimme kam ihm bekannt vor, aber er wußte nicht, woher.
Ein weibliches Gesicht erschien vor ihm, als er aufsah, schmal, mit
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weichen Zügen, eingerahmt von schulterlangem, schwarzem Haar,
und etwas sagte ihm, daß er auch dieses Gesicht sehr gut kennen
mußte. Aber irgend etwas stimmte nicht mit seinen Erinnerungen.
Hinter seiner Stirn führten die Gedanken einen irren Tanz auf, Bil-
der, Namen, Erinnerungen und Fetzen von Gesprächen wirbelten wie
verrückt durcheinander, gemischt mit Szenen aus dem Alptraum,
dem er gerade entkommen war, ohne daß er sie zu fassen bekam.
Stöhnend schloß er die Augen, ließ sich wieder zurücksinken und
versuchte, sich mit Gewalt zur Ruhe zu zwingen - natürlich erreichte
er so ungefähr das Gegenteil damit. Sein Herz begann wie wild zu
pochen, und plötzlich war ihm heiß und kalt zugleich. Nur ganz lang-
sam beruhigte sich sein rasender Puls.
Als er die Augen - nach einer Ewigkeit, wie es ihm schien - wieder
öffnete, war das Gesicht noch immer über ihm, und diesmal erinnerte
er sich auch an Shyleens Namen.
Woran er sich nicht entsinnen konnte, war, wie er hierhergekom-
men war - wo immer dieses hier auch sein mochte. Seine Gedanken
begannen sich schon wieder zu verwirren. Er schloß erneut die Au-
gen, preßte die Lider so fest aufeinander, daß bunte Kreise vor seinen
Augen erschienen, und atmete gezwungen tief ein.
»Alles in Ordnung?« fragte Shyleen, als er die Augen wieder öff-
nete.
Natürlich war ganz und gar nichts in Ordnung, aber er nickte trotz-
dem, versuchte so etwas wie ein Lächeln auf seine Züge zu zwingen
und setzte sich vorsichtig auf. Hätte ihn Shyleen nicht blitzschnell
festgehalten, wäre er sofort wieder zurückgestürzt, denn in seinem
Kopf begann sich augenblicklich wieder alles zu drehen.
»Nicht übertreiben«, warnte Shyleen. »Du bist noch ein bißchen
wackelig auf den Beinen - vorsichtig ausgedrückt.«
Er lag auf dem Rücken, wie ein Kind im Schoße seiner Mutter mit
dem Kopf auf ihren Oberschenkeln. Ihre Hand lag auf seiner Stirn,
und er fühlte sich auf sonderbare Weise behütet und sicher; zumin-
dest die zwei oder drei Sekunden lang, bis ihm die Spinnen und der
Treibsand wieder einfielen und er mit einem gellenden Schrei in die
Höhe fuhr.
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Shyleen packte augenblicklich seine Arme, hielt ihn mit erstaunli-
cher Kraft fest und zwang ihn, sich zu entspannen. »Es ist alles in
Ordnung, Torian«, wiederholte sie noch einmal. »Keine Angst, du
bist in Sicherheit.«
Einen Herzschlag lang drohten ihn trotz ihrer beruhigenden Worte
die Erinnerungen zu übermannen. Er glaubte, etwas Schwarzes,
Kriechendes zu sehen, das unter dem Sand grub und wühlte, sich mit
dünnen, haarigen Beinen in seine Richtung arbeitete und ihn anstarr-
te: gierig, geifernd, mit schnappenden, winzigen Kiefern&
Cathar, der neben Shyleen hockte, versetzte ihm eine schallende
Ohrfeige. Der Schlag tat weh, aber er riß Torian auch in die Wirk-
lichkeit zurück. Der Wahnsinn, der schon wieder nach seinen Ge-
danken hatte greifen wollen, zog sich übergangslos zurück, und er
wurde sich seiner wirklichen Umgebung bewußt. Er lag nur wenige
Schritte von der Stelle entfernt, an der er in den Treibsand geraten
war, aber von der gewaltigen Spinnenarmee war keine Spur zu se-
hen. Auch spürte er nichts mehr von der Wirkung des Giftes. Ver-
wirrt starrte er Shyleen an und ließ seinen Blick dann zu Cathar wan-
dern. Obwohl er das Gesicht des Magiers nicht erkennen konnte,
glaubte er, in den Augen stummen Zorn blitzen zu sehen. »Was ist&
geschehen?« fragte er stockend.
»Das gleiche wollte ich dich gerade fragen«, erwiderte Shyleen
zornig. »Du mußt von Sinnen sein, einfach blindlings in die Wüste
hineinzulaufen.« Sie machte eine heftige Bewegung mit der geballten
Faust. »Hätten wir dich nicht gefunden, wärest du jetzt tot.«
»Ihr habt& mich gesucht?« Es war eine reichlich dumme Frage,
wie ihm im gleichen Moment zu Bewußtsein kam, und Shyleen nick-
te auch wütend.
»Es war nicht sehr schwer, deine Spur zu finden, nachdem der
Sturm einmal vorbei war«, grollte sie. »Und dich schreien zu hören.«
»Ich& bin stundenlang gelaufen«, begann Torian stotternd. »Zu-
mindest habe ich das geglaubt, aber ich bin wohl nur im Kreis her-
umgeirrt. Die Hitze - «
»Es war nicht die Hitze«, stellte Cathar ruhig fest.
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Verwirrt brach Torian ab, und auch Shyleen runzelte die Stirn und
blickte den Magier fragend an, aber Cathar dachte gar nicht daran,
seine geheimnisvolle Andeutung zu erklären, sondern machte eine
beschwichtigende Geste in ihre Richtung - oder das, was er dafür
halten mochte, denn nichts, was er tat, übte nach Torians Meinung
auch nur die geringste beruhigende Wirkung aus - und wandte sich
dann wieder an ihn.
»Warum bist du fortgelaufen?« fragte er.
Seine Worte brachten Torian noch mehr in Verlegenheit. Er ärgerte
sich, daß es Cathar ständig gelang, ihn durch seine alleinige Anwe-
senheit nervös zu machen und sich wie ein kleiner Junge vorkommen
zu lassen, den man beim Klauen erwischt hatte. »Ich& muß wohl für
einen Moment die Beherrschung verloren haben«, murmelte er. »Ich
weiß, daß es ein Fehler war, aber - «
»Nur die Beherrschung verloren?« bohrte Cathar nach. »War das
wirklich alles? Du bist wie ein Verrückter in den Sturm hinausge-
rannt, nur weil dir für einen Moment die Nerven durchgegangen
sind?«
»Nein«, gestand Torian. »Ich dachte, ich& « Er brach ab, schüttelte
den Kopf und nahm eine Handvoll Sand auf, um sie durch die Finger
rinnen zu lassen. »Ach verdammt, ich habe phantasiert. Die Hitze,
der Sturm und die ganzen Anstrengungen der letzten Tage waren
wohl einfach zuviel. Wir sind alle erschöpft.«
Cathar schüttelte mißbilligend den Kopf. »Nun laß dir nicht jedes
Wort aus der Nase ziehen«, stieß er ungeduldig hervor. »Was soll das
heißen? Was meinst du mit phantasiert?«
»Was man eben damit meint«, antwortete Torian kurz angebunden. [ Pobierz caÅ‚ość w formacie PDF ]

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